“Wir schätzen unsere Mitarbeiter”. – wer hat das nicht schon einmal gehört? Diese Phrase wird in der HR-Kommunikation und im Employer Branding wie ein Mantra wiederholt. Posts in den sozialen Medien, Unternehmensslogans, Poster in der Küche… kommt Ihnen das bekannt vor? Das Problem ist, dass es oft dabei bleibt.
Unterdessen ist Wertschätzung im Employer Branding keine Kampagne oder ein Beitrag auf LinkedIn. Es ist die alltägliche Realität, die Arbeitskultur und die Entscheidungen, die die Mitarbeiter selbst sehen und spüren.
Die Frage ist, ob Ihr Unternehmen dies wirklich zu schätzen weiß oder ob es nur darüber spricht.
Wertschätzung ist mehr als ein Diplom einmal im Jahr
Warum Checklisten nicht genug sind
Stellen Sie sich vor, ein Angestellter erhält auf der Bühne einer Firmenveranstaltung nach einem Jahr Arbeit ein Diplom. Eine nette Geste? Ja, natürlich. Aber wenn in den verbleibenden 364 Tagen niemand seine Bemühungen bemerkt hat, schmeckt ein solches Diplom bitter, das garantiere ich Ihnen.
Elemente einer echten Wertschätzung
Wahre Wertschätzung:
- ist ein alltägliches Ereignis, kein einmaliges Ereignis im Jahr,
- sichtbar und gleichberechtigt ist und nicht für einige wenige Auserwählte reserviert ist,
- ist mit den Werten des Unternehmens verbunden, nicht nur mit der KPI-Tabelle,
- nimmt greifbare Formen an – Zeit, Geld, Autonomie, Unterstützung,
- ist auf die Menschen zugeschnitten, nicht auf den Leistungskatalog des Unternehmens.
Unternehmen, die dies wirklich gut machen, heben sich beim Employer Branding ab. Denn anstatt zu sagen: “In unserem Unternehmen wissen wir es zu schätzen”, zeigen sie es in Handlungen, die selbst zum Markenstorytelling werden. Das wirkt sich auf ihr Image aus und auch auf die Mitarbeiter, die, wenn sie sich wertgeschätzt fühlen, leichter zu natürlichen Botschaftern des Unternehmens werden.
Wertschätzung funktioniert wirklich – die Zahlen lügen nicht
Wenn in der Personalabteilung über Wertschätzung gesprochen wird, klingt das oft wie eine ‘weiche’ Aktivität, die schwer zu beweisen ist. Inzwischen zeigen Untersuchungen aus der ganzen Welt, dass Wertschätzung nicht nur für ein gutes Betriebsklima sorgt, sondern auch für harte Geschäftskennzahlen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Wertschätzung funktioniert wirklich und hat einen direkten Einfluss auf Umsatz, Wohlbefinden und die Wahrnehmung der Arbeitgebermarke.
Weniger Fluktuation, mehr Loyalität
Laut einer Studie von Gallup und Workhuman (2022) verringert eine strategische und regelmäßige Anerkennung das Risiko, das Unternehmen zu verlassen, um bis zu 45%. Das ist keine Kleinigkeit – in der Praxis bedeutet das Einsparungen in Millionenhöhe für Unternehmen, die stabile Teams unterhalten, anstatt in ständige Neueinstellungen zu investieren.
Wertschätzungssysteme und Umsatz
Eine Analyse der Society for Human Resource Management – SHRM zeigt, dassOrganisationen mit formellen Wertschätzungsprogrammen eine durchschnittlich 31% niedrigere Fluktuationsrate verzeichnen. Mit anderen Worten – es ist nicht nur eine nette Geste, sondern ein Mechanismus, der die Mitarbeiter länger bindet.
Wertschätzung und Wohlbefinden
Laut dem Bericht Workhuman (2021) geben mehr als 70 Prozent der Mitarbeiter, die sich geschätzt fühlen, an, weniger gestresst und zufriedener mit ihrem Leben zu sein. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass eine Kultur der Wertschätzung nicht im Büro aufhört – sie hat einen echten Einfluss auf die Lebensqualität außerhalb der Arbeit.
Die polnische Perspektive
Die Daten aus der Studie des HRM Institute – ‘The Power of Appreciation’ (2023 ) sind eindeutig: 99% der Arbeitnehmer in Polen glauben, dass Wertschätzung bei der Arbeit wichtig ist. Das Problem dabei? Nur 54% haben das Gefühl, dass sie sie tatsächlich erfahren. Diese Lücke ist eine der größten Herausforderungen für polnische Unternehmen – und gleichzeitig eine große Chance, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Wertschätzung wird so nicht zu einem “Nice-to-have”, sondern zu einer Währung, die sich tatsächlich auf die Bindung, das Engagement und den Ruf der Arbeitgebermarke auswirkt. Für die Personalabteilung bedeutet dies eines: Wenn wir über evidenzbasiertes Employer Branding sprechen wollen, können wir diesen Bereich nicht übersehen.
Wie sieht die wertschätzende Untersuchung in der Praxis aus?
Wertschätzung im Unternehmen kann viele Formen annehmen. Von strategischen Initiativen, die das tägliche Funktionieren der Mitarbeiter unterstützen, bis hin zu kleinen, aber regelmäßigen Gesten, die ihnen laufend Feedback zu ihrer Arbeit und ihrem Engagement geben. Es ist wichtig, dass die Art und Weise, wie wir unsere Mitarbeiter würdigen, mit unserer Unternehmenskultur übereinstimmt und auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitarbeiter zugeschnitten ist. Im Folgenden finden Sie Beispiele für Formen der Wertschätzung, die sich um verschiedene Unternehmenswerte drehen.
Einfachheit und die Kultur des Alltags
Atlassian hat das Kudos-System entwickelt – ein einfaches Tool, mit dem jeder einem Kollegen jederzeit öffentlich danken kann. Es hört sich trivial an, aber es ist die Einfachheit, die es funktionieren lässt und eine “Hier und Jetzt”-Kultur aufbaut.
Vertrauen und Autonomie statt Kontrolle
Timpson in Großbritannien gibt seinen Mitarbeitern für “Lebensmomente” frei: den ersten Schultag eines Kindes, eine Hochzeit oder einen Geburtstag. Darüber hinaus hat jeder Zugang zu… kostenlosen Ferienhäusern. Hier zeigt sich die Wertschätzung in Form von Vertrauen und echter Unterstützung im Alltag.
Geld und eine Beteiligung am Erfolg
Mercadona in Spanien teilt jedes Jahr die Gewinne und vergibt Hunderte von Millionen Euro an Boni – mehr als 600 Millionen Euro im Jahr 2024. Das ist ein Signal: Wir sind gemeinsam erfolgreich.
Unterstützung und Ausgleich für die Familie
Patagonia bietet eine Kinderbetreuung vor Ort an. Das Ergebnis? 100% der Mütter kehren nach dem Mutterschaftsurlaub an ihren Arbeitsplatz zurück. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Arbeitgebermarke durch eine Kultur der Unterstützung wächst, nicht durch Gadgets mit Logo oder Firmenkleidung.
IKEA Polen hat den Erziehungsurlaub für Väter und Mütter angeglichen.
Wertschätzung – Ungewöhnliche Beispiele
Wertschätzung muss sich nicht auf Boni, Geldprämien oder typische Gadgets mit dem Logo des Unternehmens. Immer mehr Unternehmen setzen auf Lösungen, die mit Emotionen, einer Geschichte und einem Überraschungsmoment verbunden sind. Diese sind es, die den Mitarbeitern lange im Gedächtnis bleiben und Teil einer einzigartigen Unternehmenskultur werden.
Personalisierung und ein Gefühl der Einzigartigkeit
DK&A (Polen) hat für jeden seiner 45 Mitarbeiter eine personalisierte LEGO® Figur angefertigt. Jede Figur spiegelt den Charakter und die Leidenschaften einer bestimmten Person wider. Statt eines weiteren Firmengadgets – ein Geschenk, das wirklich “etwas über mich aussagt”.
Kreativität bei Visitenkarten
Die LEGO Gruppe ist noch einen Schritt weiter gegangen – Minifiguren als Visitenkarten. Sie zaubern nicht nur ein Lächeln beim ersten Treffen, sondern demonstrieren auch eine Markenkultur, die Spaß und Kreativität schätzt.
Eine Geschichte statt eines Gadgets
Perch Home & Company hat Weihnachtsboxen entworfen, die von der Idee der Hygge inspiriert sind. Es ging nicht nur um den Inhalt der Verpackung, sondern um die ganze Geschichte, die sie vermittelte – eine von Zusammengehörigkeit, Wärme und Achtsamkeit. Ein schönes Storytelling und eine Reihe von Aktivitäten rund um die Boxen bildeten eine kohärente Erzählung über eine Arbeitgebermarke, die zu schätzen weiß.
Diese Beispiele zeigen, dass die Kraft der Wertschätzung in der Einzigartigkeit und Authentizität liegt. Personalisierte Geschenke, die Emotionen und eine Geschichte transportieren, können einem Unternehmen mehr Wert verleihen als beliebige Gadgets. Selbst eine Tasse oder ein Sweatshirt kann ein großartiger Träger sein, wenn dahinter Markenwerte und eine konsistente Geschichte stehen. Wertschätzung wird dann nicht nur zu einer Geste, sondern zu einem Element des Employer Branding.
Wie kann man Wertschätzung messen?
Employer Branding ist großartig mit schönen Slogans und Storytelling, aber es braucht noch etwas mehr – harte Daten. Nur ‘wir sagen, wir schätzen’ ist nicht genug. Wenn wir Wertschätzung als Teil der Unternehmenskultur und als Instrument zur Förderung des Engagements betrachten, sollten wir nicht nur prüfen, ob das Programm existiert, sondern auch, ob es tatsächlich funktioniert.
Niveau der Beteiligung
Wie viele Mitarbeiter nutzen die verfügbaren Wertschätzungsprogramme wirklich? Nur die Möglichkeit, sie zu belohnen oder ihnen zu danken, ist eine Sache, die aktive Nutzung dieses Instruments eine andere.
Ausgewogenheit in der Organisation
Wie ist die Wertschätzung zwischen den Abteilungen und Stellen verteilt? Wenn sie nur in einem Bereich des Unternehmens konzentriert ist, ist das ein Zeichen dafür, dass etwas nicht funktioniert und die Kultur nicht konsistent ist.
Auswirkungen auf die Aufbewahrung
Kündigen Mitarbeiter, die sagen, dass sie sich wertgeschätzt fühlen, eher nicht? Die Kombination von Personaldaten (Fluktuation, Fehlzeiten) mit Meinungsumfragen liefert die Antwort auf die Frage, ob sich Wertschätzung realistisch in Loyalität gegenüber dem Unternehmen niederschlägt.
Die Stimme der Arbeitnehmer in der Forschung
Es lohnt sich, die Antworten auf die Frage “Fühlen Sie sich bei der Arbeit wertgeschätzt?” in eNPS- und Puls-Checkup-Umfragen zu verfolgen . Das ist eine einfache, aber äußerst aussagekräftige Quelle für Erkenntnisse.
Externe Sichtbarkeit
Wertschätzung funktioniert am besten, wenn sie echt ist – und das erkennen Sie daran, dass die Mitarbeiter selbst sie in den sozialen Medien oder in privaten Gesprächen erwähnen. Wenn es natürliche Erwähnungen gibt, ist das ein Zeichen dafür, dass die Programme nicht künstlich sind, sondern tatsächlich funktionieren.
Wertschätzung als Grundlage für Employer Branding
Employer Branding, das nur auf Botschaften basiert, ist leer. Employer Branding, das zeigt, wie sehr das Unternehmen seine Mitarbeiter schätzt, ist glaubwürdig.
Denn am Ende zählt nur eines: Wenn Ihr Mitarbeiter morgen seinen Freunden sagen würde, wie sehr er geschätzt wird – was würde er zitieren? Einen Korb mit Obst? Oder eine echte Geste, die in seinem Leben einen Unterschied gemacht hat?
Autor
Mateusz Jablonowski
Berater, Trainer und vor allem Enthusiast und Praktiker für Employer Branding, Personalmarketing und interne Kommunikation. Autor der Bücher “Employer Branding. A Practical Handbook” und “Employee Advocacy. Wie man ein Botschafterprogramm verwaltet”. Er hat Erfahrungen im Personalwesen in verschiedenen Organisationen gesammelt, von Nichtregierungsorganisationen über Banken bis hin zur E-Commerce- und IT-Branche. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er erfolgreich EB- und Kommunikationsziele für Marken wie Allegro, PKO Bank Polski und Miinto/Showroom umgesetzt. Er hat zahlreiche Vorträge auf Konferenzen in der HR-Branche gehalten und unterrichtet auch in Postgraduiertenkursen. Derzeit berät sie Unternehmen als Beraterin und Trainerin und geht dabei ihrer Leidenschaft für die Weitergabe von Wissen und die Förderung guter Praktiken auf dem polnischen Arbeitsmarkt nach.