“Unser größtes Kapital sind unsere Mitarbeiter” – ist ein Slogan, den Sie wahrscheinlich schon Hunderte von Malen gesehen haben. Das Problem ist, dass er ohne konkrete Angaben wie ein Klischee klingt. Employer Branding, das funktionieren soll, braucht eine EVP – also eine klare Antwort auf die Frage: Warum sollte jemand in Ihr Unternehmen kommen und langfristig bleiben? Die gute Nachricht? EVPs können ‘hausgemacht’ erstellt werden – ohne große Budgets und Agenturen. Dazu braucht man Daten, Gespräche mit Mitarbeitern und den Mut, das zu benennen, was Sie wirklich auszeichnet.
EVP ist kein Slogan, es ist ein Versprechen
Laut dem Universum-Bericht (2023) klingen mehr als 60% der EVPs weltweit fast identisch: Wachstum, Innovation, Stabilität. Der Effekt? Die Kandidaten sehen keinen Unterschied.
Die EVP muss daher ‘Ihre’ sein – verwurzelt in der Kultur und den Erfahrungen der Mitarbeiter, nicht in einem Katalog von Marketing-Slogans.
Wie Sie die EVP strukturieren – die Pyramide der Arbeitgeberwerte
Eine gut strukturierte EVP arbeitet auf drei Ebenen – sie bildet eine so genannte EVP-Pyramide. Jede dieser Ebenen definiert nichts weiter als das, was Bewerber und Arbeitnehmer heute von Arbeitgebern erwarten. Sie definieren, welche Funktion die Stelle in ihrem täglichen Leben hat und welche Bedürfnisse sie erfüllt.
- Wirtschaftliche Ebene – dies ist die Grundlage, d.h. was wir dem Mitarbeiter materiell bieten: Gehalt, Sozialleistungen, Arbeitsflexibilität, Arbeitsplatzstabilität.
- Funktionale Ebene – wie wir arbeiten: Managementstil, Entwicklung, Zusammenarbeit, Autonomie, Prozesse, Tools.
- Emotionale Ebene – warum ich hier bin: Bedeutung, Wirkung, Werte, Beziehungen, Atmosphäre.
Mit dieser Struktur ist es einfacher zu unterscheiden, welche Elemente ‘Marktstandard’ sind und welche echte Unterscheidungsmerkmale der Arbeitgebermarke darstellen.
Human Deal EVP
Es gibt mehrere Methoden, die definieren, wie die EVP eines Unternehmens aufzubauen ist. Ich möchte Ihnen diejenige vorstellen, die sich ganzheitlich auf den Mitarbeiter als Mensch konzentriert. Laut Gartner (Human Deal, 2021) konzentriert sich die klassische EVP auf das , was das Unternehmen dem Mitarbeiter gibt. Der Human Deal-Ansatz hingegen erweitert dieses Modell um eine relationale und menschliche Dimension.

EVP im Sinne des Human Deal umfasst fünf Schlüsselbereiche:
- Authentizität – Konsistenz zwischen dem, was das Unternehmen sagt und wie es sich verhält,
- Einfühlungsvermögen – Verständnis für die wahren Bedürfnisse und Emotionen der Menschen,
- Flexibilität – die Möglichkeit, die Arbeit an Ihren Lebensstil anzupassen,
- Entwicklung – nicht nur beruflich, sondern auch persönlich,
- Ein Gefühl von Zielstrebigkeit und Zugehörigkeit – der Glaube, dass Arbeit wichtig ist.
Durch die Abbildung von Unternehmensdifferenzierungsmerkmalen in diesem Ansatz ist EVP nicht mehr nur ein Leistungspaket, sondern wird zu einer Beziehung, die auf Vertrauen und der menschlichen Erfahrung im Unternehmen basiert.
Elemente einer echten EVP
Unabhängig davon, ob Sie eine der genannten Methoden anwenden, um an Ihrer EVP zu arbeiten oder nicht – es lohnt sich, darüber nachzudenken, was die universellen Merkmale oder Richtlinien eines guten Satzes von Arbeitgebermarkenwerten sind. Also eine gute EVP:
- basiert auf echten Erkenntnissen aus Umfragen und Interviews mit Mitarbeitern,
- kombiniert die Perspektive der Kandidaten (was sie anzieht) und der Mitarbeiter (was sie bindet),
- arbeitet auf verschiedenen Ebenen der Erwartungen und Bedürfnisse von Mitarbeitern und Kandidaten,:
- authentisch und nachprüfbar ist.
EVP funktioniert wirklich – die Zahlen lügen nicht
EVP und Anziehung von Talenten
Laut LinkedIn Global Talent Trends (2024) stellen Kandidaten in bis zu 75% der Fälle fest, dass die Werte des Unternehmens mit ihren eigenen Überzeugungen übereinstimmen. Unternehmen mit einer klaren EVP verzeichnen 50% mehr hochwertige Bewerbungen.
EVP und Kundenbindung
Eine Studie von Gartner (Human Deal, 2021) zeigt, dass Mitarbeiter, die die Übereinstimmung von EVPs mit ihren täglichen Erfahrungen sehen, mit dreimal höherer Wahrscheinlichkeit im Unternehmen bleiben. EVP ist keine Werbung – sie ist ein Instrument zur Mitarbeiterbindung.
EVP und Engagement
Gallup (2023) gibt an, dass Mitarbeiter, die das Gefühl haben, dass die EVP eines Unternehmens authentisch ist, ein um 23% höheres Engagement zeigen als diejenigen, die eine Diskrepanz zwischen Versprechen und Realität sehen.
Die polnische Perspektive
Laut einer Studie des HRM Institute (2023) glauben 41% der Arbeitnehmer in Polen, dass Unternehmen bei der Kommunikation über sich selbst ‘das eine sagen, das andere tun’. Dies zeigt, wie wichtig es ist, die EVPs auf Fakten und nicht auf Allgemeinplätzen aufzubauen.
Wie erstellt man eine EVP in der Praxis?
Die Erstellung einer EVP muss kein riesiges Projekt für Hunderttausende von Zloty bedeuten. Es ist ein Prozess, der ‘zu Hause ‘ durchgeführt werden kann – Schritt für Schritt, basierend auf Daten und der Stimme der Mitarbeiter.

Schritt 1: Die Wahrheit kennen – interne und externe Recherche
- Fragen Sie Ihre Mitarbeiter: Umfragen, Pulsmessungen, Fokus-Interviews.
- Die wichtigsten Fragen: “Warum sind Sie bei uns?”, “Was hält Sie davon ab?”, “Was würde Sie dazu bringen, zu gehen?”.
- Analysieren Sie HR-Daten, Umsatz, eNPS-Ergebnisse, Einstellungsdaten. Ziehen Sie Schlussfolgerungen.
- Vergleichen Sie mit dem Markt (Universum-Berichte, LinkedIn Talent Drivers).
- Führen Sie ein Wettbewerbsaudit durch, indem Sie die Employer-Branding-Aktivitäten der Unternehmen untersuchen, mit denen Sie um Talente konkurrieren.
- Suchen Sie nach Lücken und Vorteilen: Was versprechen die Kandidaten anderen und was fehlt in ihren Angeboten?
Schritt 2: Erfassen Sie einzigartige Unterscheidungsmerkmale
- Teilen Sie die Informationen in die drei Ebenen der EVP-Pyramide ein: wirtschaftlich, funktional, emotional.
- Lehnen Sie Slogans ab – suchen Sie nach Besonderheiten und Beispielen aus der Praxis.
- Führen Sie einen Authentizitätstest durch: Kann das Beispiel durch Zahlen oder die Geschichte der Mitarbeiter bestätigt werden?
Schritt 3: Gliedern Sie die EVP in eine klare Struktur
- Übergeordneter Slogan (Essenz) + EVP-Säulen + Beweispunkte.
- Beschreiben Sie jede Säule unter dem Gesichtspunkt ‘was bieten wir an’ und ‘was bringt es dem Mitarbeiter’.
Schritt 4: Testen Sie die EVP
- Mit Mitarbeitern – spiegelt die Beschreibung ihre Erfahrungen wider?
- Mit Kandidaten – zieht es die richtigen Leute an?
- Mit Führungskräften – können sie mit ihren eigenen Worten darüber sprechen?
Schritt 5: Umsetzung und Konsistenz
Die EVP ist kein PDF in einer Schublade – sie ist ein Filter für Kommunikation, Sozialleistungen und Personalentscheidungen. Lassen Sie sie in Stellenangeboten, sozialen Medien, Onboarding und ESG-Berichten lebendig werden. Beobachten Sie: Stimmt die EVP in der Kommunikation mit der EVP in der Erfahrung überein?
EVP endet nicht mit einem Workshop oder einer PowerPoint-Präsentation. Es ist die tägliche Arbeit – um sicherzustellen, dass das Versprechen, das wir Bewerbern und Mitarbeitern geben, in der Praxis auch wirklich funktioniert. Denn EVP ist nur dann lebendig, wenn Sie sie in der Stellenanzeige, im Vorstellungsgespräch mit der Führungskraft, beim Onboarding, in der täglichen Kommunikation und bei Unternehmensentscheidungen sehen.
Der Schlüssel liegt also nicht nur in der Entwicklung einer EVP, sondern auch in deren konsequenter Umsetzung – in der Kultur, den Prozessen und der Sprache des Unternehmens. Es ist ein bisschen wie beim Personal Branding: Es reicht nicht aus, in einer Biografie über Werte zu schreiben, Sie müssen sie auch in Ihrem täglichen Handeln zeigen.
Wenn Sie also bereits eine EVP haben – prüfen Sie, wo Sie sie in Ihrem Unternehmen wirklich sehen können.
Und wenn Sie eine EVP erstellen möchten – sprechen Sie zunächst mit Ihren Kunden. Denn sie sind diejenigen, die am besten wissen, was Sie wirklich auszeichnet.

Autor
Mateusz Jablonowski
Berater, Trainer und vor allem Enthusiast und Praktiker für Employer Branding, Personalmarketing und interne Kommunikation. Autor der Bücher “Employer Branding. A Practical Handbook” und “Employee Advocacy. Wie man ein Botschafterprogramm verwaltet”. Er hat Erfahrungen im Personalwesen in verschiedenen Organisationen gesammelt, von Nichtregierungsorganisationen über Banken bis hin zur E-Commerce- und IT-Branche. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er erfolgreich EB- und Kommunikationsziele für Marken wie Allegro, PKO Bank Polski und Miinto/Showroom umgesetzt. Er hat zahlreiche Vorträge auf Konferenzen in der HR-Branche gehalten und unterrichtet auch in Postgraduiertenkursen. Derzeit berät sie Unternehmen als Beraterin und Trainerin und geht dabei ihrer Leidenschaft für die Weitergabe von Wissen und die Förderung guter Praktiken auf dem polnischen Arbeitsmarkt nach.